WIDERSTAND GEGEN MONOKULTUREN UND REPRESSION

Interview mit Giorgio Trucchi, dem Korrespondenten der Nahrungsmittelgewerkschaft Rel-UITA in Mittelamerika

von Sabine Eßmann und Rudi Kurz (Nica-Forum Heidelberg)

Frage: Du sprichst von einem direkten Zusammenhang zwischen Monokulturen in Mittelamerika und Repression durch staatliche und private Sicherheitsdienste. Wie hängt das zusammen, was passiert in den verschiedenen Ländern?

Giorgio Trucchi: Die wachsende Konzentration des Landes in den Händen von wenigen Konzernen und Kapitalgesellschaften lässt immer mehr Menschen ohne Alternativen, ohne Land, ohne Arbeit und ohne Einkommen zurück. Diese Menschen sind gezwungen, wie Sklaven ohne feste Arbeitsverträge und ohne Schutz in den Monokulturen zu arbeiten. In Ländern wie Honduras und Guatemala gibt es keine Gesetze, die die Arbeiter_innen schützen oder die Arbeit von Kleinbäuer_innen fördern, niemand kontrolliert die großen Konzerne. Der Staat existiert in diesem Bereich faktisch nicht, und die Konzerne und die Banken profitieren von diesem rechtlosen Zustand. Wenn sich die Arbeiter_innen und Bäuer_innen organisieren und für die Einhaltung von Arbeitsrechten oder für ihr Land kämpfen, dann führt dies zu Repressionen durch staatliche Sicherheitskräfte und Sicherheitsdienste der Konzerne. Und wenn der Widerstand aufgrund dieses Unrechts wächst, dann führt dies zu noch mehr Repression.

Wer fördert das Modell der Monokulturen in Honduras und Guatemala, wer profitiert von dieser Entwicklung?

Zuerst einmal sind dies die wenigen reichen Familien und Kapitalgesellschaften in den Ländern Mittelamerikas. Aber auch verschiedene internationale Konzerninteressen sind mit den Monokulturen verbunden. Gefördert werden die Monokulturen durch die Weltbank, den Internationalen Währungsfonds.

Außerdem versuchen die USA, in den abhängigen Ländern Mittelamerikas ihren wirtschaftlichen Einfluss gegen die neu aufkommenden politischen Bewegungen aus Lateinamerika zu verteidigen. Das tun sie gemeinsam mit vielen großen Unternehmen, die Palmöl als Rohstoff benötigen.

Wer kauft die Produkte der Monokulturen, Zucker und Palmöl?

Der Anbau von Zucker hat eine lange Tradition in Mittelamerika. Die Produktion dient dem internen Markt der Länder; außerdem wird Zucker traditionell in die USA exportiert. Bei dem aus Zucker hergestellten Ethanol sind Hauptabnehmer die USA und die EU. 87 Prozent der Produktion aus Guatemala gehen z.B. in die EU, ein ganz wichtiger Abnehmer ist dabei Deutschland. Bei der Palma Africana ist es anders. Palmöl ist in vielen Lebensmitteln enthalten: in Waschmittel, Kosmetik, in Speisefett, und auch Agrodiesel wird daraus hergestellt. Mit Palmöl aus Mittelamerika werden wechselnde Abnehmer in den USA und Europa beliefert.

Bisher exportieren die Länder Mittelamerikas nur unverarbeitetes Palmöl. In Nicaragua gibt es erste Pilotanlagen zur Verarbeitung. Und es gibt Investitionspläne für den Bau einer großen Palmöl-Verarbeitungsanlage für ganz Mittelamerika in Bajo Aguan/ Honduras, die von internationalen Finanzorganisationen unterstützt werden.

Wie können wir von hier aus Einfluss darauf nehmen, dass sich Konzerne in Mittelamerika nicht noch mehr Land von Kleinbäuer_innen aneignen? Ist ein Schutz für kleinbäuerliche Strukturen durch unsere Unterstützung möglich?

Das ist eine schwierige Sache, weil für den direkten Einfluss die entsprechenden Institutionen fehlen. Es ist wichtig, die internationale Machtkonstellation in der Region zu untersuchen und internationalen Druck gegen Investitionen in der Region aufzubauen. Damit kann man das Schweigen über die Proteste der Bäuer_innen brechen.

Und wir sollten den indirekten Einfluss nicht unterschätzen: Wenn die Botschafter_innen aus der EU die Situation regelmäßig untersuchen und dafür sorgen, dass solche Projekte eingestellt werden, dann ist das hilfreich. Gesellschaftlicher Druck kann dafür sorgen, dass das geschieht. Besonders interessant ist es, Aktionsformen zu entwickeln, um die Konzerne dazu zu zwingen, Produkte von verbrecherischen Unternehmen aus dem Programm zu nehmen. Vergessen sollten wir auch nicht die direkte Unterstützung für die lokalen Organisationen des Widerstandes in Honduras und Guatemala. Die oftmals sehr gefährliche Arbeit der Bauernorganisationen und Gewerkschaften benötigt auch eine materielle Basis.

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